Akademisches Blogstöckchen

Charlotte warf, und hier fange ich. Diesmal geht es um folgende 11 Fragen/Aufgaben:

1. Welche wissenschaftliche Erkenntnis über die du in den letzten zehn Jahren gestolpert bist hat dich staunen lassen?

Induktionsbeweise. Weniger eine Erkenntnis als ein Verfahren, aber die Idee die hinter diesem simplen Prinzip steckt ist einfach genial.

2. Sind soziale Medien wichtig für Wissenschaftler?

Nein. Vielleicht für Wissenschaftler als Menschen, aber soweit ich das mitbekomme nicht für Wissenschaftler als Wissenschaftler.

3. Und wie archiviert man jetzt Bundeskanzler-SMS?

Die NSA hat dazu vermutlich eine Schnittstelle beim Provider. Wie zum Beispiel dieser Artikel in der SZ nahelegt, werden Bundeskanzler-SMS von der Bundesrepublik nur gespeichert, falls daraus “ein Verwaltungsvorgang wird” oder sie für einen solchen wichtig sind. Vermutlich muss die Bundeskanzlerin das dann entsprechend beim Bundeskanzleramt melden und der Bundeskanzlerinnen-SMS-Abtippbeauftragte tippt die entsprechende SMS dann in ein entsprechendes Formular.

Ob das für ihr privates Handy und ihr Diensthandy gleichermaßen gilt, ist mir nicht bekannt.

4. Ich blogge, also…

…meistens an Wochenenden, weil ich dann Zeit dafür habe.

5. Was hättest du gemacht, wenn du dein Fach nicht studiert hättest?

Das ist eine sehr gute Frage, die zum Glück niemand mehr beantworten muss. Sicher ist: Ich hätte vermutlich weniger und vor allem andere Leute genervt.

6. Wozu braucht man einen Doktortitel?

Zum Habilitieren zum Beispiel.

7. Und wenn ich mich gerade nicht wissenschaftlich betätige, mache ich…

Moment. Wer sagt denn, dass ich mich überhaupt wissenschaftlich betätige? Nur weil ich studiere? Ich bitte Sie. Übungszettel lösen ist nicht gerade der Ursprung aller Wissenschaftlichkeit.

Abseits vom Übungszettellösen erschrecke ich gern die Gremien der verfassten Studierendenschaft der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Buh!

8. Was ist die absurdeste Arbeit, die du jemals gelesen hast (Nein, die wissenschaftliche Untersuchung zu Koboldstaubsaugern wird als Antwort ausgeschlossen)?

(Was ist an Koboldstaubsaugern absurd?)
Es war eigentlich nur ein Absatz in einer Projektbeschreibung aus der Kommunikationswissenschaft, den ich hier im Volltext zitiere:

Das geplante Verfahren zur Ziehung der Stichprobe wurde von den Arbeitsgruppenmitgliedern bereits einmal durchgeführt. Alle Namen wurden aufgeschrieben, in eine Urne gegeben und ein Mitglied zog dann exemplarisch 5 Namen. Dabei ergaben sich keinerlei Komplikationen.

So. Kurz überlegen. Sacken lassen.

Keinerlei Komplikationen.

Es ist doch schön, zu wissen, dass sich bei der Testziehung niemand die Hand verstaucht hat oder aus Versehen eine Zombieapokalypse ausgelöst wurde.

(Disclaimer: Ich kenne die Autorin persönlich. An dieser Stelle ein ganz großes ♥)

9. Mit 4 Millionen Euro würde ich…

Puh. Was kostet ein neues Studentenwohnheim? Vom Rest kauf ich mir dann erstmal ein Eis.

10. Stelle dir selber eine Frage.

Wo siehst du dich in 20 Jahren?

11. Beantworte Frage 10.

In einem Spiegel. Was ist das denn für eine bescheuerte Frage. “Wo siehst du dich in 20 Jahren”! Was weiß denn ich was in 20 Jahren ist. Bin ich Hellseher? Du weißt doch selbst nicht, was du in 20 Jahren machst. Dann bin ich 31 411. Vermutlich wohne ich mit einer bezaubernden Frau und selbstgemachten Kindern in einem Häuschen, bekomme die aber seltenst zu Gesicht, weil mein “Job” ganz viel “räumliche Mobilität” verlangt.
Ich würde vorschlagen wir schauen einfach mal, und dann sehen wir schon.

  1. Diese Zahlen sind definitiv zu groß für mich.

Die neue Tagesschau ist ziemlich retro

Mega-Leinwand, neue Fanfare und blaue Kleidung: Die Tagesschau hat sich einen neuen Look verpasst.

Fragt mal eure Großeltern, Eltern und Geschwister, wie die Tagesschau-Fanfare klingt, und vergleicht. Vermutlich wird es da Unterschiede geben. Stefan Niggemeier hat vor eineinhalb Jahren bereits den Unterschied zwischen “alter” und “neuer” Fanfare beleuchtet. Schon damals fand ich das sehr interessant.

Kurze Wiederholung:

Alte Tagesschau-Fanfare (bis 2000):

d-g-a-b-c-d

d-g-a-b-c-d: Der Startton ist auch der Endton

Neue Tagesschau-Fanfare (ab 2000):

d-g-d-c-f-g

d-g-d-c-f-g: Die Melodie ist anders und auch der Endton ist höher als der Startton

 

Die Fanfare der “neuesten” Tagesschau nun ist so ganz und gar anders als die bisherige. Schwer, behäbig, orchestral, geradezu königlich-kaiserlich. Und hört man genau hin, welche Noten gespielt werden, so ergibt sich: d-g-a-b-c-d.

Alles wie zu Großvaters Zeiten. Voll retro.

(Bitte beachten Sie auch die gesammelten Tagesschau-Fanfaren der letzten 62 Jahre, die überraschend präzise den Geist ihrer jeweiligen Zeit widerspiegeln.)

Ein recht spezifisches Dementi

An der Uni Bonn gibt es ab nächstem Wintersemester eine neue Professur, die nach Henry Kissinger benannt ist. Details dazu gibt es zum Beispiel bei der akut.

Die Kritik an dieser Professur richtet sich nicht nur gegen das Finanzierungsmodell, auch die Benennung der Professur nach Herrn Kissinger sorgt für Empörung.

Man könnte nun auf die Idee kommen, die Universität Bonn zu fragen, was sie denn sonst noch für Professuren einrichten und nach zweifelhaften Persönlichkeiten der Weltgeschichte benennen würde. Beim Kölner Stadtanzeiger hatte offenbar jemand diese Idee. Natürlich1 wurde nicht direkt nach der Adolf-Hitler-Professur gefragt:

Man sei politisch-weltanschaulich neutral, sagte Pressesprecher Andreas Archut im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dass dann auch nichts gegen eine Wladimir-Putin-Professur sprechen würde, bestätigte der Pressesprecher: „Wenn es jemanden gibt, der das Geld dafür gibt, würden wir eine Wladimir-Putin-Professur einrichten, die Frage ist jedoch sehr theoretisch“.

Dass man da dennoch mit Anlauf und Kopfsprung in ein Fettnäpfchen gehopst war, war sowohl den Gegnern der Professur als auch dem Pressesprecher der Uni selbst recht bald klar. In einem Folgeartikel im Bonner General-Anzeiger wurde dann erklärt:

Laut einem Bericht des “Kölner Stadt-Anzeigers” hatte Archut angeblich erklärt, die Universität sei “politisch-weltanschaulich neutral” und werde sogar eine Wladimir-Putin-Professur einrichten, wenn es jemanden gäbe, der das Geld dafür hergebe. Archut wies dies zurück: “Das angebliche Zitat stimmt nicht. Auch inhaltlich nicht: Denn für die Einrichtung von Stiftungsprofessuren müssen viele Voraussetzungen erfüllt sein, die weit über das Finanzielle hinausgehen.”

Also: Das angebliche Zitat stimme inhaltlich nicht, weil für die Einrichtung von Stiftungsprofessuren “viele Voraussetzungen” erfüllt sein müssen. Nicht, weil man Bedenken gegen die Benennung einer Professur nach lupenreinen Demokraten habe. Vielleicht fehlt Herrn Putin auch einfach noch der passende Nobelpreis.

Mit einem Blick auf die Liste der Stiftungsprofessuren an der Universität Bonn wäre es doch mal spannend, zu erfahren, was für “viele Voraussetzungen” die Uni Bonn erfüllt haben will, bevor sie dieser Liste eine neue Stiftungsprofessur hinzufügt.  Vielleicht kann ja der/die Eine oder Andere von uns sich ja irgendwann mal den Traum von einer eigenen Stiftungsprofessur an der Uni Bonn erfüllen!

Wobei mein Favorit ja bereits feststeht:

Bildquelle Wladimir Putin: www.kremlin.ru (unter cc-by)

Bildquelle Wladimir Putin: www.kremlin.ru (unter cc-by)

[Nachtrag 18.04., 13:15 Uhr:
Bemerkenswert ist noch, dass Archut lediglich behauptet, das (angebliche) Zitat stimme nicht, statt zu sagen, die Aussage habe er so nie getroffen. Eine Nachfrage von dritter Stelle beim Kölner Stadtanzeiger hat nämlich ergeben, dass diese Aussage sehr wohl getätigt worden war.]

  1. Beim Kölner Stadtanzeiger kennt man Godwin’s Law