Wie das Studierendenwerk noch einmal versuchte, die Mieten zu erhöhen

Dies ist offensichtlich der Nachfolgeartikel hierzu.

Am vergangenen Mittwoch lag Post vom Studierendenwerk in meinem Briefkasten. Darin wird mein Widerruf gegen die Mieterhöhung bestätigt und darauf hingewiesen, dass das SEPA-Lastschriftmandat wegen der nötigen Vorlaufzeit leider nicht mehr rechtzeitig rückangepasst werden konnte; der zu viel abgebuchte Betrag werde “zeitnah” erstattet.

Außerdem nimmt das Studierendenwerk die Mieterhöhung um 8 % zurück, da sie von Mietern und Vertretern der Studierendenschaft auf Mängel in ihrem Berechnungsweg hingewiesen wurden. Diesen hätten sie nun korrigert.

Unklar bleibt, weshalb das Studierendenwerk die Kostensteigerung von Posten, die 1/3 der Gesamtmiete ausmachen, auf die volle Miete hochskaliert. In seinem Schreiben führt das Studierendenwerk lediglich aus, dass man keine Aufschlüsselung in Kaltmiete und Nebenkosten zu erstellen habe.

Zuletzt wird mir noch Folgendes mitgeteilt:

Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir die Miete für Ihre Wohneinheit mit Wirkung zum 01.02.2015 neu festsetzen mussten.

Ab 01. Februar 2015 wird ihre Miete deshalb um 4 % erhöht.

Somit beträgt die von Ihnen ab dem 01. Februar 2015 zu entrichtende Pauschalmiete 240,24 EUR.

Als Anlage sind dem Brief noch die aus der Belegeinsicht bekannte Aufschlüsselung der Betriebskosten sowie ein Formular beigefügt, mit dem man einen Widerspruch gegen die Mieterhöhung unkompliziert zurücknehmen kann.

vollständiger Brief1

Und nu?

Zunächst einmal finde ich es sehr positiv, dass das Studierendenwerk die Hanebüchizität seines Berechnungswegs anerkannt hat, nachdem es mehrfach darauf hingewiesen wurde. So etwas ist leider nicht selbstverständlich. Die Rücknahme der Mieterhöhung auf jener Grundlage ist die logische Konsequenz davon.

Leider weiß ich immer noch nicht, bei welchem Betrag eine Mieterhöhung tatsächlich gerechtfertigt wäre. Ganz naiv würde ich bei so etwas auflisten, welche Kosten jedes Wohnheim verursacht und welche Kosten zur zentralen Verwaltung anfallen. Letztere würde ich dann nach einem geeigneten Schlüssel auf die einzelnen Wohnheime aufteilen. Und schon hätten wir eine nette Haben/Soll-Aufstellung, die qualitativ erheblich besser wäre, als wenn man die Erhöhung nur anhand der Betriebskosten abschätzt.

Allerdings ist das Studierendenwerk leider2 nicht nur Vermieter, sondern hat noch andere Aufgaben, wie Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge für Studierenden3, Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG)4 oder eben den Mensabetrieb. Da sich diese Bereiche haushaltstechnisch und personell nicht immer einwandfrei trennen lassen, wird eine Auflistung der reinen “Wohnkosten” schwierig.

Sehr interessant ist, dass das Studierendenwerk seine alte Mieterhöhung um 8 % zurück nimmt, aber gleichzeitig eine neue Mieterhöhung um 4 % zum gleichen Stichtag ankündigt. Der 1. Februar 2015 lag aber bereits fast einen ganzen Monat in der Vergangenheit, als das Studierendenwerk den Brief versandt hat. Ich kann hier eigentlich nur von einem Copy-Paste-Fehler ausgehen und annehmen, dass der 1. April gemeint ist. Andernfalls wäre das ja eine rückwirkende Mieterhöhung (ohne Vorankündigung).

Aus einem anderen Wohnheimen habe ich gehört5, dass die Mieterhöhung nach oben korrigiert wurde und dann auch der 1. April als Stichtag angegeben war. Ein solches zweigleisiges Vorgehen wäre zwar insofern begrüßenswert, als dass niemand rückwirkend von einer Erhöhung der Erhöhung überrascht wird, sondern lediglich von einer Verringerung der Erhöhung. Da das Studierendenwerk seine erste Mietsteigerung um in meinem Fall 8 % aber explizit zurückgenommen hat, hätten wir es mit einer neuen Mieterhöhung zu tun – und die war in ihrer Höhe nicht im Voraus angekündigt.

Alles in allem kann ich die Mieterhöhung immer noch nicht objektiv nachvollziehen, vermute aber, dass die 4 % halbwegs realistisch sind. Deshalb werde ich dem Studierendenwerk voraussichtlich meine Zustimmung zur Mieterhöhung um 4 % ab dem 1. April 2015 und zur Änderung des SEPA-Lastschriftmandats6 zu diesem Termin mitteilen.

  1. Dieses Dokument ist nicht unter der Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported Lizenz (CC-BY-SA) veröffentlicht
  2. “leider” im Rahmen dieses Artikels. Allgemein müsste hier natürlich ein “zum Glück” stehen.
  3. Klappt ja super *hust* PCB *hust*
  4. Oder das. Da hört man auch NUR Gutes!
  5. Unbestätigt. Den Brief an sich habe ich noch nicht gesehen.
  6. Die Bank wird sich freuen. “Sie waren doch letzte Woche schon wegen dem hier! Da können Sie doch gleich Einzelabbuchungen machen!”

Wie das Studierendenwerk einmal versuchte, die Mieten zu erhöhen

Am 10. Dezember 2014 schickte das Studierendenwerk Bonn einen Brief an die Mieterinnen und Mieter, in dem eine Mieterhöhung ab 1. Februar 2015 angekündigt wurde.

[…]

Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir die Miete für Ihre Wohneinheit mit Wirkung zum 1. Februar 2015 neu festsetzen müssen. Im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Wirtschaftsplans 2015 für das Studentenwerk Bonn haben der Verwaltungsrat und die Geschäftsführung beschlossen, die Wohnheimsmieten den Kostenentwicklungen anzupassen. Es sind insbesondere die weiterhin gestiegenen Preise für Energie und Wasser, aber auch die Kostenentwicklungen bei den Instandhaltungen, Aufwendungen für das StudNet und den städtischen Gebühren etc., die zur Erhöhung der Miete je Wohnheimsplatz führen.

Ab 1. Februar 2015 wird Ihre Miete deshalb um 8 Prozent1 erhöht. Die genaue Miethöhe teilen wir Ihnen in einem separaten Schreiben mit.

[…]

Am 7. Januar 2015 wurden dann diese separaten Schreiben versandt, in denen die zu entrichtende Gesamtmiete  genannt wurde.

Zwei mal drei macht vier

Nun haben die wenigsten von uns Einsicht in die Finanzplanung des Studierendenwerks. Die Höhe der Mieterhöhung ist daher ohne weitere Erläuterung nicht nachvollziehbar. Das Geschrei ward groß, und das Studierendenwerk reagierte und bot vom 3. Februar bis zum 6. Februar Sprechstunden zur Belegeinsicht an. Wohlgemerkt nach dem Zeitpunkt, zu dem die Mieterhöhung bereits in Kraft sein sollte – die Änderung der SEPA-Lastschriftmandate war längst veranlasst.

widewidewitt und drei macht neune,

Bei der Belegeinsicht standen für die Wohnheime Ordner bereit, in denen eine Aufschlüsselung der Betriebskosten für die Jahre 2011, 2012 und 2013 zu finden war, gefolgt von den relevanten Rechnungen. Die Aufstellung und die vorgenommenen Berechnungen konnten wir uns dort unter anderem vom stellvertretenden Abteilungsleiter studentisches Wohnen persönlich erklären lassen.

Das Studierendenwerk versteht es meiner Erfahrung nach meisterhaft, Wartezeit zu erzeugen. Deshalb war es keine Überraschung, dass immer nur eine Person zur gleichen Zeit Einsicht nehmen konnte2.

ich mach mir die Welt

Für das Wohnheim Pariser Straße sieht die Aufstellung der Betriebskosten in etwa3 wie folgt aus:

Betriebskostenaufstellung aus der Belegeinsicht (Abb. ähnlich)

Betriebskostenaufstellung aus der Belegeinsicht (Abb. ähnlich)

Zur Erklärung: In der Spalte “Mittelwert aus 2011-2013” wird der Mittelwert aus den drei vorangehenden Spalten gebildet, um gegebenenfalls vorhandene starke Kostenschwankungen auszugleichen. In der Spalte “Mittelwert prozentual zu 2013” wird berechnet, um wie viel Prozent der Wert von 2013 im Vergleich zum Mittelwert größer bzw. kleiner ist. Auf die 9,75 ganz unten in dieser Spalte kommen wir gleich nochmal zu sprechen.

widewide wie sie mir gefällt.

Doch zunächst soll es um den Punkt gehen, den auch der AStA lautstark kritisiert: Die Summe der Betriebskosten aus 2013 macht, teilt man sie auf alle Appartments in meinem Wohnheim auf, lediglich ⅓ der monatlichen Gesamtmiete aus. Wenn die Betriebskosten sich also um 8 % erhöht haben, weshalb sollte dann die Gesamtmiete ebenfalls um die vollen 8 % steigen?

Bei meiner Einsicht wurde diesbezüglich darauf verwiesen, dass meine Miete wegen § 549 Abs. 3 BGB eigentlich gar nicht in Grundmiete und Nebenkosten aufgeteilt werde und dass die Kosten insgesamt gestiegen seien.

Hey – Pippi Langstrumpf

Der große Knaller sind aber die aufgeführten 9,75 in der letzten Zeile, auf deren Basis augenscheinlich die Mieterhöhung kalkuliert wurde. Diese ist der Mittelwert aus den darüberstehenden prozentualen Steigerungen bzw. Senkungen.

Ein paar Stimmen aus meinem persönlichen Umfeld hierzu:

Das ist Humbug.

Das können die doch nicht machen!

Das funktioniert so nicht!

Und tatsächlich: Nimmt man den Mittelwert dieser Prozentwerte, dann ist das Ergebnis unabhängig von tatsächlichen Kostensteigerungen oder -senkungen. Kostenpunkte wie “Reinigung”, die zu den Gesamtkosten relativ wenig beitragen, aber prozentual stark gestiegen sind, treiben das Ergebnis kräftig nach oben.

In meinem konkreten Fall beträgt die Steigerung von Summe Mittelwert zu Summe 2013 lediglich 4,33 % – also weniger als die Hälfte des angegebenen Werts.

trallari trallahey tralla hoppsasa

Ich hatte das am Dienstag bemerkt und dargelegt. Am Mittwoch haben einige weitere ebenfalls auf diese unseriöse Berechnung hingewiesen. Der AStA hatte außerdem schon länger Belege für die Unzulässigkeit der Mieterhöhung aus weiteren Gründen gesammelt. Nach all dem kam man im Studierendenwerk heute offenbar zu der Erkenntnis, dass man bei der Berechnung der Mietsteigerungen an mindestens einer kritischen Stelle ordentlich Mist gebaut hatte.

Die Webseite des Studierendenwerks Bonn verkündigt das Miet-Moratorium.

Die Webseite des Studierendenwerks Bonn verkündigt das Miet-Moratorium.

Hey – Pippi Langstrumpf

Auf den Inhalt dieses Briefes bin ich ehrlich gesagt sehr gespannt. Es ist allerdings, und das muss man auch ganz klar sagen, nicht damit zu rechnen, dass es nun für alle billiger wird. Das Studierendenwerk ist ja sowieso immer am jammern, dass es zu wenig Geld hat.

Wenn ich mir diese Berechnung in der Betriebskostenübersicht ausgedacht hätte, wäre mir das jetzt aber äußerst peinlich.

Bleibt nur noch zu sagen:

die macht, was ihr gefällt.

  1. Die Mietsteigerung variiert je nach Wohnheim von 5 bis maximal 10 %.
  2. Zumindest immer als ich da war (Di+Do).
  3. Die Zahlen in den Spalten 2,3,4 und 5 sind nicht die realen Zahlen, da das Studierendenwerk dann möglicherweise schmollen und laut “Aaah, unsere geheimen Betriebsgeheimnisse!” rufen würde. Das wäre mir zwar egal, aber auch wieder unnötiger Ärger. Die Zahlen in Spalte 6 und 7, die hier relevant sind, sind 1:1 aus dem Original übernommen.

Auflösungserscheinungen

Wohnheim Pariser Straße

Bald gehen im Wohnheim Pariser Straße die Lichter aus (Symbolbild)

Im Wohnheim Pariser Straße ist am 31. März 2015 Schluss. (Theoretisch voraussichtlich.) Das heißt, noch ein Semester, dann wohnt hier niemand mehr.

In den meisten Wohnheimen des Studentenwerks Bonn gibt es eine studentische Selbstverwaltung die sich “um das Haus kümmert”, eigene Finanzen verwaltet und teilweise sogar dem Studentenwerk Arbeit abnimmt. Für diese Ämter kann man sich von der Hausgemeinschaft wählen lassen und ist dann ein “Funktionsträger”.

Seit der Plan im Raum steht, das Wohnheim zu entmieten, werden vom Studentenwerk natürlich nur noch kurzfristige Mietverträge vergeben, was eben zur Folge hat, dass die Zahl der Langzeitmieter stetig schrumpft und die Hausgemeinschaft zerfällt.

Konkret kann man das an der letzten Hausvollversammlung festmachen. Auf der letzten Hausvollversammlung im Semester werden immer die Funktionsträger für das nächste Semester gewählt. Jene Hausvollversammlung bestand aber praktisch nur noch aus einem Teil der Funktionsträger, die größtenteils wiedergewählt werden wollten. Neue Gesichter gab es keine. Viele Funktionsträgerämter konnten deshalb nicht voll besetzt werden.

Dieser traurige Rest kann nun wenigstens noch die Restgeldbestände auf den Kopf hauen1.
Sic transit gloria wopsi.

Ich bin ja gespannt, wann das Studentenwerk sich mal zu Ende überlegt hat, wann und wie das mit der Entmietung funktionieren soll. Dazu gab es nämlich bislang noch keine Informationen an die Hausbewohner.

  1. in Form von Veranstaltungen, die allen Hausbewohnern zu Gute kommen