Wie das Studierendenwerk einmal versuchte, die Mieten zu erhöhen

Am 10. Dezember 2014 schickte das Studierendenwerk Bonn einen Brief an die Mieterinnen und Mieter, in dem eine Mieterhöhung ab 1. Februar 2015 angekündigt wurde.

[…]

Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir die Miete für Ihre Wohneinheit mit Wirkung zum 1. Februar 2015 neu festsetzen müssen. Im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Wirtschaftsplans 2015 für das Studentenwerk Bonn haben der Verwaltungsrat und die Geschäftsführung beschlossen, die Wohnheimsmieten den Kostenentwicklungen anzupassen. Es sind insbesondere die weiterhin gestiegenen Preise für Energie und Wasser, aber auch die Kostenentwicklungen bei den Instandhaltungen, Aufwendungen für das StudNet und den städtischen Gebühren etc., die zur Erhöhung der Miete je Wohnheimsplatz führen.

Ab 1. Februar 2015 wird Ihre Miete deshalb um 8 Prozent1 erhöht. Die genaue Miethöhe teilen wir Ihnen in einem separaten Schreiben mit.

[…]

Am 7. Januar 2015 wurden dann diese separaten Schreiben versandt, in denen die zu entrichtende Gesamtmiete  genannt wurde.

Zwei mal drei macht vier

Nun haben die wenigsten von uns Einsicht in die Finanzplanung des Studierendenwerks. Die Höhe der Mieterhöhung ist daher ohne weitere Erläuterung nicht nachvollziehbar. Das Geschrei ward groß, und das Studierendenwerk reagierte und bot vom 3. Februar bis zum 6. Februar Sprechstunden zur Belegeinsicht an. Wohlgemerkt nach dem Zeitpunkt, zu dem die Mieterhöhung bereits in Kraft sein sollte – die Änderung der SEPA-Lastschriftmandate war längst veranlasst.

widewidewitt und drei macht neune,

Bei der Belegeinsicht standen für die Wohnheime Ordner bereit, in denen eine Aufschlüsselung der Betriebskosten für die Jahre 2011, 2012 und 2013 zu finden war, gefolgt von den relevanten Rechnungen. Die Aufstellung und die vorgenommenen Berechnungen konnten wir uns dort unter anderem vom stellvertretenden Abteilungsleiter studentisches Wohnen persönlich erklären lassen.

Das Studierendenwerk versteht es meiner Erfahrung nach meisterhaft, Wartezeit zu erzeugen. Deshalb war es keine Überraschung, dass immer nur eine Person zur gleichen Zeit Einsicht nehmen konnte2.

ich mach mir die Welt

Für das Wohnheim Pariser Straße sieht die Aufstellung der Betriebskosten in etwa3 wie folgt aus:

Betriebskostenaufstellung aus der Belegeinsicht (Abb. ähnlich)

Betriebskostenaufstellung aus der Belegeinsicht (Abb. ähnlich)

Zur Erklärung: In der Spalte “Mittelwert aus 2011-2013” wird der Mittelwert aus den drei vorangehenden Spalten gebildet, um gegebenenfalls vorhandene starke Kostenschwankungen auszugleichen. In der Spalte “Mittelwert prozentual zu 2013” wird berechnet, um wie viel Prozent der Wert von 2013 im Vergleich zum Mittelwert größer bzw. kleiner ist. Auf die 9,75 ganz unten in dieser Spalte kommen wir gleich nochmal zu sprechen.

widewide wie sie mir gefällt.

Doch zunächst soll es um den Punkt gehen, den auch der AStA lautstark kritisiert: Die Summe der Betriebskosten aus 2013 macht, teilt man sie auf alle Appartments in meinem Wohnheim auf, lediglich ⅓ der monatlichen Gesamtmiete aus. Wenn die Betriebskosten sich also um 8 % erhöht haben, weshalb sollte dann die Gesamtmiete ebenfalls um die vollen 8 % steigen?

Bei meiner Einsicht wurde diesbezüglich darauf verwiesen, dass meine Miete wegen § 549 Abs. 3 BGB eigentlich gar nicht in Grundmiete und Nebenkosten aufgeteilt werde und dass die Kosten insgesamt gestiegen seien.

Hey – Pippi Langstrumpf

Der große Knaller sind aber die aufgeführten 9,75 in der letzten Zeile, auf deren Basis augenscheinlich die Mieterhöhung kalkuliert wurde. Diese ist der Mittelwert aus den darüberstehenden prozentualen Steigerungen bzw. Senkungen.

Ein paar Stimmen aus meinem persönlichen Umfeld hierzu:

Das ist Humbug.

Das können die doch nicht machen!

Das funktioniert so nicht!

Und tatsächlich: Nimmt man den Mittelwert dieser Prozentwerte, dann ist das Ergebnis unabhängig von tatsächlichen Kostensteigerungen oder -senkungen. Kostenpunkte wie “Reinigung”, die zu den Gesamtkosten relativ wenig beitragen, aber prozentual stark gestiegen sind, treiben das Ergebnis kräftig nach oben.

In meinem konkreten Fall beträgt die Steigerung von Summe Mittelwert zu Summe 2013 lediglich 4,33 % – also weniger als die Hälfte des angegebenen Werts.

trallari trallahey tralla hoppsasa

Ich hatte das am Dienstag bemerkt und dargelegt. Am Mittwoch haben einige weitere ebenfalls auf diese unseriöse Berechnung hingewiesen. Der AStA hatte außerdem schon länger Belege für die Unzulässigkeit der Mieterhöhung aus weiteren Gründen gesammelt. Nach all dem kam man im Studierendenwerk heute offenbar zu der Erkenntnis, dass man bei der Berechnung der Mietsteigerungen an mindestens einer kritischen Stelle ordentlich Mist gebaut hatte.

Die Webseite des Studierendenwerks Bonn verkündigt das Miet-Moratorium.

Die Webseite des Studierendenwerks Bonn verkündigt das Miet-Moratorium.

Hey – Pippi Langstrumpf

Auf den Inhalt dieses Briefes bin ich ehrlich gesagt sehr gespannt. Es ist allerdings, und das muss man auch ganz klar sagen, nicht damit zu rechnen, dass es nun für alle billiger wird. Das Studierendenwerk ist ja sowieso immer am jammern, dass es zu wenig Geld hat.

Wenn ich mir diese Berechnung in der Betriebskostenübersicht ausgedacht hätte, wäre mir das jetzt aber äußerst peinlich.

Bleibt nur noch zu sagen:

die macht, was ihr gefällt.

  1. Die Mietsteigerung variiert je nach Wohnheim von 5 bis maximal 10 %.
  2. Zumindest immer als ich da war (Di+Do).
  3. Die Zahlen in den Spalten 2,3,4 und 5 sind nicht die realen Zahlen, da das Studierendenwerk dann möglicherweise schmollen und laut “Aaah, unsere geheimen Betriebsgeheimnisse!” rufen würde. Das wäre mir zwar egal, aber auch wieder unnötiger Ärger. Die Zahlen in Spalte 6 und 7, die hier relevant sind, sind 1:1 aus dem Original übernommen.

Wie man einen Verwaltungsrat besetzt

Der Verwaltungsrat des Studierendenwerks Bonn hat aktuell sieben Mitglieder. Durch das Inkrafttreten des Hochschulzukunftsgesetzes wird er jedoch ab 1. April 2015 aus folgenden neun Personen bestehen:

  • 3 Studierende der Uni Bonn
  • 1 Studierende der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
  • 1 “anderes Mitglied” der Uni Bonn
  • 2 Bedienstete des Studierendenwerks
  • 1 Person mit “einschlägigen Fachkenntnissen”
  • 1 Mitglied des Rektorats der Uni Bonn oder der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
  • 1 kooptiertes1 Mitglied der jeweils anderen Hochschule

Das kooptierte Mitglied ist im Studierendenwerksgesetz nicht vorgesehen, deshalb wollen wir es hier ignorieren. Ich sagte ja: Neun Personen.

So ein Verwaltungsrat sieht also folgendermaßen aus:

Der kleine Verwaltungsrat für die Hosentasche

Der kleine Verwaltungsrat für die Hosentasche.

Diese Mitglieder werden in der Regel von ihren jeweiligen Mitgliedergruppen gewählt oder ernannt. Die studentischen Mitglieder zum Beispiel werden jeweils von den Studierendenparlamenten der Uni Bonn (3) und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (1) gewählt.

Lustig wird das Ganze, weil das Hochschulzukunftsgesetz folgenden Absatz in § 5 – Bildung des Verwaltungsrates einfügt:

(3) Mindestens vier Mitglieder des Verwaltungsrats müssen Frauen sein.

Mehr steht da nicht. Wie wird das sichergestellt? In welcher Reihenfolge werden die Mitglieder gewählt, wer muss auf wen Rücksicht nehmen? Was passiert, wenn auf einmal weniger als vier Frauen gewählt werden? Die Antwort: “Tja.”

Wenn man sich nun überlegt, wie man sicherstellen kann, dass alle zwei Jahre2 auch wirklich mindestens vier Frauen in den Verwaltungsrat gewählt werden, dann stellt sich natürlich zunächst einmal die Frage, wie utopisch diese Situation denn eigentlich in der Realität (also ohne Quote) wäre.

Das hier ist der aktuelle Verwaltungsrat mit seinen sieben Mitgliedern:

Verwaltungsrat-current

Die Frauen tragen hier zur besseren Unterscheidbarkeit einen Hut.

Eins, zwei, viele… Huch! Bereits unter den sieben derzeitigen Mitgliedern sind vier Frauen. Und das ganz ohne Zwang! Verrückt.

Nehmen wir nun einmal idealisiert an, dass jedes gewählte Verwaltungsrats-Mitglied mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % eine Frau und mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % keine Frau ist.

Ein bisschen Wahrscheinlichkeitsrechnung verrät uns, dass der neunköpfige Verwaltungsrat dann jedes Mal mit einer Wahrscheinlichkeit von 74,6 % gesetzeskonform besetzt wäre. Das sind immerhin fast ¾.

Eine Besonderheit gibt es noch bei der Person mit “einschlägigen Fachkenntnissen”. Die wird nicht von ihresgleichen gewählt (wie soll das auch gehen), sondern von den restlichen Mitgliedern des Verwaltungsrats bestellt3. Das bedeutet, dass die acht gewählten Verwaltungsratsmitglieder selbst dann noch einen gesetzeskonformen Verwaltungsrat erschaffen können, wenn unter ihnen nur drei Frauen sind – indem sie eine Frau mit einschlägigen Fachkenntnissen bestellen.

Berücksichtigt man dies in den Berechnungen, dann wird ein mit zufällig ausgewürfelten Geschlechtern besetzter Verwaltungsrat in 85,5 % der Fälle korrekt besetzt, und kann sich in 63,6 % aller Fälle zusätzlich noch aussuchen, ob er eine Frau oder eine nicht-Frau mit einschlägigen Fachkenntnissen bestellen möchte4.

Soweit zur theoretischen Ausgangslage, die gar nicht mal so schlecht aussieht. Das Problem ist, dass Menschen (leider?) nicht so ganz probabilistisch veranlagt sind. Einfaches rejection sampling wird deshalb nicht klappen, weil die verschiedenen Gremien mutmaßlich darauf aus sein werden, wiederholt ihre Lieblingspersonen zu wählen. Die jedoch wechseln ihr Geschlecht in der Regel eher selten, weshalb eine Wiederholung des gesamten Auswahlvorgangs nicht unbedingt ein grundlegend anderes Ergebnis zur Folge haben wird. Die verschiedenen Stellen (Hochschulen, Beschäftigte, Studierendenparlamente) müssen also wohl oder übel miteinander reden und sich absprechen.

Man könnte alle zwei Jahre auf’s Neue auswürfeln, welche Plätze mit Frauen besetzt werden müssen und auf welche auch nicht-Frauen gewählt werden dürften. Dabei könnte es aber leicht passieren, dass ein Platz immer und immer wieder mit einer Frau besetzt werden muss, und die entsprechende Stelle sich, warum auch immer, benachteiligt fühlt.

Ideal wäre es, wenn jede Stelle “ihre” Posten paritätisch besetzen könnte. Das klappt aber nur so mittelprächtig, wenn man nur 1 Posten zur Verfügung hat. Auch bei ungerader Platzzahl (SP Uni Bonn) würde sich die Frage stellen, ob man jetzt mindestens eine oder mindestens zwei Frauen wählen sollte.

Als Alternative wäre folgende Vereinbarung zwischen allen Beteiligten denkbar:
Es werden maximal 6 Frauen gewählt. Jeder Posten, der bei einer Wahl mit einer Frau besetzt wird, wird zwei Jahre darauf mit einer nicht-Frau besetzt – und umgekehrt. Hat man bei einer initialen Verteilung mindestens vier und höchstens sechs Frauen untergebracht, so bleibt die gesetzliche mindestens-vier-Frauen-Vorschrift auch in den nächsten Jahren erfüllt. Als Nebeneffekt würde so auch eine Unterrepräsentation von nicht-Frauen im Verwaltungsrat verhindert.

Auch bei diesem System kann man natürlich behaupten, eine Person sei “nur gewählt worden, weil sie eine Frau ist”, und nicht etwa wegen ihrer Kompetenz. Selbiges gilt hier jedoch für nicht-Frauen.

Bleibt noch ein Problem: Das Mitglied des Rektorats der Uni Bonn oder der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ist in der Regel die Kanzlerin oder der Kanzler. Das wären also ganze zwei Personen, aus denen man auswählen kann. Glücklicherweise ist die Kanzlerin der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg eine Frau und aktuell Mitglied des Verwaltungsrats. Im Allgemeinen könnte man aber diesen Platz aufgrund des sehr begrenzten Kandidierendenfeldes von der Wechselregelung ausnehmen.

So sähe das dann aus (Abbildung ähnlich).

So sähe das dann zum Beispiel aus (Abbildung ähnlich). Alle zwei Jahre glitzert es.

  1. Kooptiert heißt in diesem Fall, dass dieses Mitglied alles darf, außer abstimmen.
  2. die Amtszeit der Verwaltungsratsmitglieder beträgt 2 Jahre.
  3. Ob’s da auch einen Lieferdienst gibt? “Hallo, ich hätte gern eine Person mit einschlägigen Fachkenntnissen!” – “Macht 6,50 €”.
  4. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass er in 21,9 % der Fälle eine Frau bestellen muss und in 14,5 % die Vier-Frauen-Vorgabe nur noch durch eine oder mehrere Geschlechtsumwandlungen (oder Rücktritte) erfüllen kann.

Nennen Sie ein Erotikmagazin

Der Playboy, das lernt man schon ganz früh, ist das Erotikmagazin, das ausschließlich wegen seiner exzellenten Artikel gelesen wird.

Ich hatte bislang lediglich einen einzigen Playboy-Artikel gelesen, das war allerdings online, also ohne das ganze bedruckte Papier drumherum.

Als ich nun in den letzten Tagen eine (deutsche) Ausgabe dieses Magazins in die Hände bekam, wollte ich diesem Mythos auf den Grund gehen. Ein anderer Aspekt fiel mir jedoch so stark negativ auf, dass ich praktisch noch gar nicht dazu gekommen bin, die Artikel selbst zu lesen: Beim Durchblättern besteht der Playboy gefühlt zur Hälfte aus Werbung.

Nun könnte man diesem Gefühl auf den Grund gehen und das Ganze quantifizieren. Das ist aber sehr mühselig.

Genau das habe ich getan.

Das Cover des untersuchten Magazins. Da um diese Uhrzeit noch Kinder wach sind, gibt es hier nur die Version ohne Nippel.

Das Cover des untersuchten Magazins. Da um diese Uhrzeit noch Kinder wach sind, gibt es hier nur die verwackelte Version ohne Nippel.

Ich habe für alle 196 Seiten inklusive Ausklappmotiven geprüft, ob es sich um redaktionellen Inhalt1 oder um Anzeigen2 handelt.

Dann habe ich das grafisch dargestellt. Das sieht dann in etwa so aus (PDF):

playboy-werbeflaechen

(Zum Vergrößern anklicken)

Dieser Playboy besteht also nicht zur Hälfte aus Anzeigen, sondern “nur” zu fast 30 %. Ein Gutschein und ein “Feuchtigkeits-Fluid”-Pröbchen sind auch eingeklebt.

Verstärkt wird der Eindruck, dass sehr viel Werbung enthalten ist, sicherlich dadurch, dass viele Anzeigen auf der (i.d.R. teureren) rechten Seite platziert sind, wo sie mehr Aufmerksamkeit abbekommen als auf der linken Seite.

Doch ist das ein “normales” Verhältnis von Anzeigen zu Inhalt? Als Vergleich zum 5,90 € teuren Playboy ziehe ich halbwegs blindlings aus dem Regal eine Ausgabe der GeoLINO aus dem April 2004 für damals 3 € (heute 3,80 €) und eine Ausgabe der c’t (auch so ein “Männermagazin”) vom 25.05.2010 für damals 3,70 € (heute 4,20 €).

Dort zähle ich ebenfalls nach. Das Ergebnis:

Magazin # Seiten davon Anzeigen Anzeigenanteil
Playboy 196 57⅔ 29,4 %
c’t 228 61¾ 27,1 %
GeoLINO 76 8⅚ 11,6 %

Der Playboy hat, verglichen mit der c’t von 2010, nur einen leicht höheren Anzeigenanteil. Während bei der c’t die Anzeigen klar vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sind, musste ich aber beim Playboy schon bei einigen Seiten etwas länger überlegen. Die fast 11 Jahre alte GeoLINO besteht hingegen nicht einmal aus halb so viel Werbung. Da sie Kinder zur Zielgruppe hat, gelten sicherlich auch andere Bestimmungen.

  1. das beinhaltet auch verdächtig nach Product Placement duftende “Artikel”
  2. i.d.R. sind diese mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet