Wie schon 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 wollen wir – völlig überraschend – auch dieses Jahr einen Blick auf die detaillierten Ergebnisse des Eurovision Song Contest 2018 werfen und uns zwei Fragen widmen: Wer wurde von den Jurys abgestraft und vom Publikum nach vorn gevotet? Und bei wem ist es umgekehrt?
Die willkürlich gewählte Grenze für “signifikante” Verschiebungen liegt auch in diesem Jahr bei 5 Punkten, denn das haben wir schon immer so gemacht. Zusätzlich werden die Beiträge betrachtet, bei denen auch geringere Verschiebungen Auswirkungen auf ihr Fortkommen im Bewerb hatten.
Zur Erläuterung: Im Abschnitt “Die Jurys” betrachten wir, wie das Juryvoting sich auf die Endplatzierung eines Beitrags im Vergleich zum reinen Publikumsvoting ausgewirkt hat. Im Abschnitt “Das Publikum” hingegen betrachten wir, wie sich die Endplatzierung eines Beitrags durch das Publikumsvoting verbessert/verschlechtert hat im Vergleich zur Platzierung im Juryvoting.
Los geht es mit dem
1. Halbfinale
Die Jurys
Albanien (Eugent Bushpepa – Mall) gewinnt 3 Plätze (11 ↗ 8)
Griechenland (Gianna Terzi – Oniro Mou) verliert 4 Plätze (10 ↘ 14)
Lederriemen-Eugen in Skinny Jeans findet bei den Juries Anklang und wird von ihnen ins Finale gehievt.
Nicht so gut ergeht es Gianna “Last Woman Standing” Terzi: Sie wird zusammen mit ihren Ann-Sophie-Gedächtnisscheinwerfern aus den Top 10 geworfen und darf nicht im Finale mitsingen.
Das Publikum
Finnland (Saara Aalto – Monsters) gewinnt 5 Plätze (15 ↗ 10)
Litauen (Ieva Zasimauskaitė – When We’re Old) gewinnt 2 Plätze (11 ↗ 9)
Albanien (Eugent Bushpepa – Mall) verliert 5 Plätze (3 ↘ 8)
Belgien (Sennek – A Matter of Time) verliert 4 Plätze (8 ↘ 12)
Schweiz ( ZiBBZ – Stones) verliert 3 Plätze (10 ↘ 13)
Messerwurf ohne Messer (Finnland) schafft es dank Publikumszuspruch noch ins Finale, ebenso wie die litauische Sängerin, die zunächst das halbe Lied lang auf der Bühne hockt, bevor sie am Ende ihren Mann auf der Brücke trifft. Die Welt ist klein.
Nicht so gut kommen hingegen an: Lederriemen-Eugent, Wo-waren-Sie-gestern-Nacht-zwischen-zwei-und-vier-Uhr-Sennek und das Pyro-Pärchen aus der Schweiz. Die letzten beiden Beiträge verlieren dadurch ihr Finalplätzchen.
Lustig. Fahren wir fort mit dem
2. Halbfinale
Die Jurys
Malta (Christabelle – Taboo) gewinnt 5 Plätze (18 ↗ 13)
Niederlande (Waylon – Outlaw in ’Em) gewinnt 5 Plätze (12 ↗ 7)
Ungarn (Mélovin – Under the Ladder) verliert 5 Plätze (5 ↘ 10)
Polen (Gromee feat. Lukas Meijer – Light Me Up) verliert 4 Plätze (10 ↘ 14)
Ob es die vier Videowände auf der Bühne waren oder die Tatsache, dass Christabelle vor dem Auftritt ihre Arme zur Hälfte in Goldfarbe getaucht hatte – die Juries fanden es toll. Für das Finale gereicht hat es dennoch nicht. Kid Rock für Arme aus den Niederlanden konnten die Jury-Punkte hingegen den Finaleinzug sichern.
Den schafft auch der Ungar mit dem Trickklavier ganz knapp, auch wenn die Jurymitglieder offensichtlich eher Angst vor ihm haben. Der polnische Wellen-DJ und sein schiefer Sänger verpassen durch die Jurywertung das Finale.
Das Publikum
Dänemark (Rasmussen – Higher Ground) gewinnt 7 Plätze (12 ↗ 5)
Ungarn (AWS – Viszlát Nyár) gewinnt 3 Plätze (13 ↗ 10)
Serbien (Sanja Ilić & Balkanika – Nova deca) gewinnt 2 Plätze (11 ↗ 9)
Lettland (Laura Rizzotto – Funny Girl) verliert 6 Plätze (6 ↘ 12)
Malta (Christabelle – Taboo) verliert 8 Plätze (5 ↘ 13)
Rumänien (The Humans – Goodbye) verliert 3 Plätze (8 ↘ 11)
Das Publikum setzt die dänischen Zwerge auf Platz eins und ermöglicht ihnen damit den sicheren Einzug ins Finale. Ebenfalls durch die Publikumsstimme erreichen das Finale die ungarischen Schreihälse und der serbische Beitrag mit den Haremsassoziationen.
Regelrecht aus dem Finale katapultiert hingegen werden das not-so-funny Girl aus Lettland und die Halbgoldhände aus Malta. Die Rumänen folgen auf dem Fuße, verabschieden sich aber auch anständig (und haben zum Glück ihre Schaufensterpuppen mitgenommen).
Somit haben wir alle 26 Beiträge für das Finale zusammen!
Finale
Hype.
Die Jurys
Albanien (Eugent Bushpepa – Mall) gewinnt 7 Plätze (18 ↗ 11)
Australien (Jessica Mauboy – We Got Love) gewinnt 6 Plätze (26 ↗ 20)
Österreich (Cesár Sampson – Nobody but You) gewinnt 10 Plätze (13 ↗ 3)
Schweden (Benjamin Ingrosso – Dance You Off) gewinnt 16 Plätze (23 ↗ 7)
Ungarn (AWS – Viszlát Nyár) verliert 6 Plätze (15 ↘ 21)
Serbien (Sanja Ilić & Balkanika – Nova deca) verliert 7 Plätze (12 ↘ 19)
Ukraine (Mélovin – Under the Ladder) verliert 10 Plätze (7 ↘ 17)
Weiterhin sind die Juries Fans von Lederriemen-Eugent. Jessica-pointing-at-things Mauboy kommt ebenfalls besser bei den Juries an als beim Publikum, welches sie auf den letzten Platz gesetzt hätte. Auf den dritten Platz hieven die Juries Cesár Sampson, dem sie direkt den Sieg geschenkt hätten, gäbe es da nicht dieses nervige Publikum. Cyber-Benni aus Schweden wäre ohne Jurypunkte auf dem 23. Platz gelandet, mit dem zweiten Platz nach Jurypunkten erreicht er immerhin noch die Top Ten.
Nicht so toll finden die Juries die brüllenden Ungarn und den alten Flöter aus Serbien. Den Vampir mit dem Trickklavier werfen die Juries sogar aus den Top Ten. Gemein!
Das Publikum
Tschechien (Mikolas Josef – Lie to Me) gewinnt 9 Plätze (15 ↗ 6)
Dänemark (Rasmussen – Higher Ground) gewinnt 12 Plätze (21 ↗ 9)
Italien (Ermal Meta & Fabrizio Moro – Non mi avete fatto niente) gewinnt 12 Plätze (17 ↗ 5)
Ukraine (Mélovin – Under the Ladder) gewinnt 9 Plätze (26 ↗ 17)
Australien (Jessica Mauboy – We Got Love) verliert 8 Plätze (12 ↘ 20)
Bulgarien (Equinox – Bones) verliert 5 Plätze (9 ↘ 14)
Frankreich (Madame Monsieur – Mercy) verliert 5 Plätze (8 ↘ 13)
Niederlande (Waylon – Outlaw in ’Em) verliert 5 Plätze (13 ↘ 18)
Spanien (Alfred y Amaia – Tu canción) verliert 5 Plätze (18 ↘ 23)
Schweden (Benjamin Ingrosso – Dance You Off) verliert 5 Plätze (2 ↘ 7)
Dem Publikum gefällt: Powackler (Tschechien), Zwerge (Dänemark), multilingualer On-Screen-Text (Italien) und natürlich der Tricksarg.
Nicht gefallen tun dem Publikum hingegen Jessica-pointing-at-things, die bulgarische Lady Gaga für Arme, französische Schulterpolster mit Turnschuhen, Gaylon Waylon und spanische Teppichmuster, aber als Anzug. Cyber-Benni schneidet auch nicht so gut ab, vermutlich weil er zweimal gleich gezwinkert hat.
Besonderheiten
Aserbaidschan nicht im Finale. Russland nicht im Finale! Was war da los? Nun ja: Weder die Juries noch das Publikum sah diese Beiträge im Finale. Machste nix.
Ansonsten hat man sich das Finale in etwa so vorzustellen:
Juries: “Österreich! Was für ein Typ! Geil geil geil! Sieger 2018!”
Publikum: “Ääääh. Nein. Israel gewinnt. Hier, Österreich kriegt Platz 13.”
Juries: “Menno! Aber Schweden. Megagut! Definitiv Platz zwei!”
Publikum: “Mehr als Platz 23 ist nicht drin, sorry.”
Juries: “Hm nagut. Aber Ukraine! Geht gar nicht. Letzter Platz, definitiv.”
Publikum: “DER JUNGE HAT EIN TRICK-KLAVIER ABER HALLO! DER GEHÖRT IN DIE TOP TEN!”
Bleibt zu sagen:
Statistik der 12-Punkte-Vergabe beim #ESC2018
Juries: 9x für Österreich, 8x für Schweden
Publikum: 0x für Österreich, 0x für Schweden
🤔#JuriesAbschaffen— Sven Zemantek (@hszemi) May 13, 2018
Bonus
When you face the game's end boss and they launch their sonic shockwave at you #ESC2018 #EST pic.twitter.com/z11N6v7haF
— Sven Zemantek (@hszemi) May 10, 2018