Lücken im Lebenslauf

Ich bin ja ein großer Freund von Protokollen. Allerdings reicht es nicht, Protokolle lediglich zu schreiben, das essenzielle an so einem Protokoll ist seine Veröffentlichung.

Ich bin ebenfalls ein großer Freund von Zahlen. Was wäre also naheliegender, einfach mal nachzuzählen, wie die es bei diversen Gremien um die Protokollveröffentlichung steht?

Der Workflow

So ein Protokoll wird zunächst einmal während der Sitzung und/oder im Nachhinein auf Grundlage einer Tonaufzeichnung1 geschrieben.

Wenn es fertig ist, wird das vorläufige Protokoll an die Mitglieder des Gremiums versandt. Auf der nächsten Sitzung werden dann noch Korrekturen aufgenommen und das Protokoll schließlich genehmigt. Die Korrekturen müssen zuletzt eingearbeitet und das korrigierte Protokoll veröffentlicht werden.

Wie schlagen sich nun also unsere Lieblingsgremien?

Studierendenparlament

Die Protokolle unseres schönen Studierendenparlaments lassen sich auf seiner Webseite abrufen. Visualisiert man die Zahl der verfügbaren Protokolle für jede Sitzung in einem Säulendiagramm, sieht das in etwa folgendermaßen aus:

Zahl der Verfügbaren Protokolle nach Sitzung. Bis zum

Zahl der verfügbaren Protokolle nach Sitzung. Bis zum 34. SP gab es Wortprotokolle, die ebenfalls zusammengefasst als Ergebnisprotokolle veröffentlicht wurden. Beim Übergang zu reinen Ergebnisprotokollen gibt es deshalb 2 Protokolle zur selben Sitzung.

Es offenbaren sich große Lücken bei den Protokollen des 36. Studierendenparlaments. Zufällig weiß ich, dass das nicht etwa daran liegt, dass das IT-Referat diese Protokolle einfach nicht hochlädt.

Gesamt-AStA-Sitzung

Auf der Gesamt-AStA-Sitzung (GAS) kommen in der Regel wöchentlich die Referate des AStA zusammen, erzählen sich, was sie so machen, und stimmen über Finanzanträge ab. Die Protokolle gibt es dann auf der AStA-Webseite zum Download.

Da der Sitzungstermin sich ab und an mal verschiebt und die Sitzungen nicht wirklich durchgezählt werden, habe ich die Protokolle nach Jahr und Kalenderwoche sortiert. In der vorlesungsfreien Zeit findet nicht jede Woche eine GAS statt und in den Ferien ebenfalls nicht. Dort sind also auch keine Balken im Diagramm zu erwarten.

2013 war ein schlechtes Jahr für GAS-Protokolle.

2013 war ein schlechtes Jahr für GAS-Protokolle. Und die zweite Hälfte von 2012. Und das Wintersemester 2010/11…

In der Vergangenheit war man wohl eher schludrig, seit einem Jahr scheint sich die Situation jedoch zu verbessern.

Fachschaftenkonferenz (FK)

Auch von der in der Vorlesungszeit wöchentlich stattfindenden Fachschaftenkonferenz gibt es Protokolle, den sogenannten Fachschaften-Informations-Dienst (FID). Der heißt so, weil der schon immer so hieß. Er wird ebenfalls auf der AStA-Webseite veröffentlicht und einfach nur durchnummeriert. Für das Säulendiagramm habe ich also lediglich geprüft, welche Ausgaben online zu finden sind und welche nicht.

Da hat wohl jemand in letzter Zeit seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Da hat wohl jemand in letzter Zeit seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Da die vorläufigen Protokolle immer an alle Fachschaften verschickt werden, ist die Situation nicht ganz so schlimm, wie sie sich hier darstellt. Wir bekommen schon alle relevanten Informationen, meist sogar relativ bald nach der Sitzung. Aber die korrigierten Fassungen werden offenbar seit 2014 nicht mehr hochgeladen. Whoops.

Fachschaft Informatik

Hier gibt es keine Grafik. Da die Protokolle direkt auf der Sitzung abschnittsweise getippt und verlesen und direkt danach versandt werden, gibt es soweit mir bekannt ist kein Protokoll, das nicht veröffentlicht wurde. Die Protokolle sind über das Archiv der entsprechenden Mailingliste abrufbar. Dieses Verfahren weicht vom oben beschriebenen Workflow ab, da die Protokolle sofort nach der Sitzung “veröffentlicht” werden. Es ist jedoch sehr effektiv.

Da die Mailinglistensoftware 2014 ausgetauscht wurde, sind die älteren Protokolle nur noch in ausgedruckter Form in der Fachschaft oder für Fachschaftsmitglieder in digitaler Form im Protokolle-Git verfügbar. Dort reichen sie aber bis Juni 1997 zurück. Da waren mache unserer Erstis noch nicht mal geboren…

  1. Das macht aktuell nur das Studierendenparlament.

Alles, was Sie über den Hochschulrat der Uni Bonn wissen müssen

Als ich wieder mal in den amtlichen Bekanntmachungen der Universität feststellte, dass die neue Satzung der Studierendenschaft natürlich noch immer nicht veröffentlicht wurde, zog ein anderes Dokument meine Aufmerksamkeit auf sich: Die “Geschäftsordnung des Hochschulrats der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn” (Link). Wie jeder weiß, bin ich ein großer Fan von Geschäftsordnungen.

Was ist der Hochschulrat?

Im Hochschulgesetz NRW ist festgelegt, wie so ein Hochschulrat aussieht und was seine Aufgaben sind. Die kürzlich veröffentlichte Geschäftsordnung spezifiziert die Vorgaben des Hochschulgesetzes.

Im Hochschulrat der Uni Bonn sitzen 10 Mitglieder, davon kommen genau 3 Personen aus der Uni und folglich 7 Personen “nicht aus der Uni”, sondern es handelt sich um Menschen, (Zitat HG):

“die in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft tätig sind oder waren und auf Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen Beitrag zur Erreichung der Ziele und Aufgaben der Hochschule leisten können.”

Wichtige Menschen also. Der/die Vorsitzende des Hochschulrats darf nicht Uni-angehörig sein.

Die wohl wichtigste Aufgabe des Hochschulrats ist die Wahl von Rektor und Kanzler der Universität. Ansonsten berät, beaufsichtigt und entlastet er vor allem das Rektorat.

Die Mitglieder des Hochschulrats haben eine Amtszeit von 5 Jahren. Derzeit sind das an der Uni Bonn diese Damen und Herren.

Wer wählt den Hochschulrat?

Man bastelt ein Auswahlgremium:

  • 2 Senatsmitglieder, die nicht Teil des Rektorats sind,
  • 2 Mitglieder des bisherigen Hochschulrats1,
  • 1 Vertreterin oder Vertreter des Landes NRW mit sagenhaften 2 Stimmen

Dieses Auswahlgremium erstellt dann in Liebe und Harmonie eine Liste mit Vorschlägen für den neuen Hochschulrat, welche sodann von Senat und dem Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW abgesegnet wird. Herrscht im Auswahlgremium keine Liebe, so erstellen die Senatsmitglieder und die Landesvertretung je eine eigene Liste, und die beiden Stimmen der Hochschulratsmitglieder geben den Ausschlag. 2

Warum hat sich der Hochschulrat eine neue Geschäftsordnung gegeben?

Wer die Hochschulpolitik  kennt, weiß: Den Hochschulrat gibt es schon länger, das kann nicht seine erste Geschäftsordnung sein. Stimmt. Was also ändert sich im Vergleich zur Fassung von 2008:

  • An den Sitzungen dürfen nicht nur Gleichstellungsbeauftragte und Rektorat beratend teilnehmen, sondern nun zusätzlich noch der/die Senatsvorsitzende, jemand aus dem Ministerium für Innovation und Schlagmichtot und die Leitung des Dezernats 10 der Uni – das ist die Geschäftsstelle des Hochschulrats.
  • Die E-Mail ist nun im Regelfall das Mittel der Wahl, wenn die Sitzungseinladungen versandt werden
  • § 10: Handzeichen bei Abstimmungen müssen nun nicht mehr einen Zählvorgang ermöglichen. “Die Abstimmung erfolgt Handzeichen.” *g*
  • Die genehmigten Protokolle der Sitzungen des Hochschulrats werden nicht mehr nur lediglich dem Rektorat “zugänglich gemacht”, sondern auch dem/der Vorsitzenden des Senats und dem Ministerium für Innovation, …, UND sie werden im Intranet der Universität veröffentlicht. Dadurch werden die Angehörigen der Universität im Regelfall auch “in angemessener Weise” über die Entscheidungen des Hochschulrats informiert. Zu Deutsch: Liest keiner, interessiert keinen. Allerdings möchte ich hier lobend erwähnen, dass die Seiten des Hochschulrats um ein Vielfaches informativer sind als die Seiten zu den Stipendien aus Qualitätsverbesserungsmitteln3.
  • “Der Senat kann mit einer Mehrheit von drei Viertel seiner stimmberechtigten
    Mitglieder dem Hochschulrat die Abwahl jedes Mitglieds des Rektorats
    empfehlen.” : gestrichen (Das steht aber im HG)
  • “Im Falle der Abwahl eines Rektoratsmitglieds werden deren oder dessen
    Aufgaben dem Geschäftsverteilungsplan der Rektorin oder des Rektors
    entsprechend von den anderen Mitgliedern wahrgenommen.”: gestrichen
  • Weitere kleine Änderungen.

Noch Fragen?

  1. Wie das funktioniert, wenn es noch keinen Hochschulrat gibt, soll bitte jemand anders erklären.
  2. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, der Hochschulrat wähle seine Mitglieder selbst. Wie man sieht, ist das theoretisch nur zu 2/6 richtig. Es hält sich auch das Gerücht, dass der Hochschulrat eigens jemanden beschäftigt, der diese Behauptung allüberall aufspürt und als nicht zutreffend kommentiert.
  3. Raten Sie mal, warum hier kein Link ist.

Spaß mit Protokollen

Wer das Protokoll schreibt, schreibt Geschichte. Das gilt im großen Maßstab (Bundestag, Wannseekonferenz – fragen Sie die Geschichtsstudierenden Ihres Vertrauens), aber besonders auch im kleinen. Nehmen wir zum Beispiel unser schönes Studierendenparlament in Bonn.

Auf den letzten Sitzungen wurde zu Beginn fleißig darum gestritten, welche Formulierung jetzt wie gefallen sein soll und wie sie wiederum im Protokoll stehen sollte – das konnte sich schon einmal über 90 Minuten hinziehen. Dabei geht es heutzutage nicht einmal mehr um Wortprotokolle, wie das noch bis Juni 2012 der Fall war, sondern “nur noch” um Verlaufsprotokolle. Ich persönlich finde Wortprotokolle spannender als Verlaufsprotokolle – solange ich sie nicht selbst erstellen muss freilich.

Glücklicherweise gibt es von den Sitzungen des Studierendenparlaments vor Juni 2012 schöne Wortprotokolle. Anhand dieser Protokolle lassen sich sehr gut Sachverhalte recherchieren. Beispiele gefällig?

Ihr habt die Fachschaftswahlordnung gefressen!

Die Fachschaftswahlordnung (FSWO) regelt die Wahl der Fachschaftsvertretungen und Fachschaftsräte an der Uni Bonn. Die aktuelle FSWO ist von 1982. Hat die seit damals niemand mehr ändern wollen? Na doch. 2007 zum Beispiel. Da hat die Fachschaftenkonferenz (FK) eine neue Version verabschiedet, die anschließend im SP gelesen werden sollte. In den SP-Protokollen taucht sie dann jedoch nie mehr auf.

Oder 2010. Wunderbare Geschichte. Auf der 9. ordentlichen Sitzung des 32. SP am 21.07.2010 standen auf der Tagesordnung a) eine Satzungsänderung und b) eine Änderung der FSWO. Die beiden Tagesordnungspunkte wurden ausgesetzt1, damit die Parlamentarier sich über die vorlesungsfreie Zeit ausgiebig mit der Materie beschäftigen könnten, so die Begründung. Und jetzt raten Sie mal, welcher Tagesordnungspunkt nie wieder vom Präsidium auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Ja!

Im Zusammenhang mit Satzungsänderungen fällt mir auch gleich der nächste Punkt ein, die berüchtigte

Chaos-Sitzung vom 14. Juli 2011

Es stand mal wieder eine kontrovers diskutierte Satzungsänderung auf dem Programm, die in zweiter und dritter Lesung final abgestimmt werden sollte. Dass sich Geschichte stets wiederholt, sieht man daran, dass damals die 1. Lesung dieser Änderung bereits verschoben werden musste, weil die Fachschaftenkonferenz den Änderungsantrag nicht rechtzeitig zugeleitet bekommen hatte.2 Raten Sie mal, was demletzt bei der aktuellen Satzungsänderung passiert ist. Ja!

Aber zurück zum eigentlichen Thema. Die 8. ordentliche Sitzung des 33. Studierendenparlaments. Wenn man sich das Ergebnisprotokoll so ansieht, fällt einem zunächst nichts Ungewöhnliches auf. Nur das Sitzungsende ist mit halb zwei Uhr morgens für SP-Verhältnisse extrem spät. Liest man jedoch das Wortprotokoll und ist mit einem gesunden Maß an Fatalismus ausgestattet, offenbart sich eine Sitzung, in deren Verlauf eine flüchtende SP-Präsidentin den Ausbruch völligen Chaos provoziert, womit die Satzungsänderung vorerst den Weg alles Irdischen geht und den Leser knapp zwei Jahre später ungläubig-entsetzt-irre lachend auf seinem Stuhl zurücklässt.

Hat sie das nun gesagt?

Ein weiterer Anlass, mal wieder in alten SP-Protokollen zu wühlen, bot sich letzten Mittwoch bei der Wahl des neuen AStA. Der Finanzreferent in spe trug bei seiner Vorstellung zum Amüsement eines Teils des Saals bei, indem er die Frage nach seiner Qualifikation mit den Worten einer ehemaligen AStA-Vorsitzenden beantwortete, die bei ihrer Wahl im SP gesagt haben soll “Ich brauche keine Qualifikation, ich habe eine Mehrheit”. (Quelle)

Im Protokoll der entsprechenden Sitzung vom 10.03.2010 stellt sich dies nun leicht anders dar. Die damals gewählte AStA-Vorsitzende wird mit folgenden Worten zitiert:

Nicht allein der Erfahrungsschatz qualifiziert mich für den AStA-Vorsitz, sondern auch die Stimmenmehrheit.

Das klingt schon leicht anders als das knackige Zitat aus der Pressemitteilung des RCDS.

Was nun wirklich von ihr gesagt wurde auf der Sitzung, da hat sicher jeder der damals Anwesenden seine eigene Erinnerung. Die offizielle Darstellung liegt jedoch in den Händen des Protokollanten.

Das können Sie alles aufzeichnen!

Für die morgige Sitzung des SP liegt ein Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung (nur aus dem Uninetz abrufbar) vor, der eine Aufzeichnung der Sitzung als Hilfe für die Protokollanten vorsieht und sehr eingeschränkt SP-Mitgliedern als Beweishilfe in “Aber der hat gesagt!!!!!111elf”-Fällen dienen soll. Doch warum die Aufzeichnung denn anschließend vernichten? Die akut könnte sie sicher für ihre Berichte über die Arbeit des SP gut gebrauchen. Das Campusradio könnte die Sitzung zur besten Sendezeit senden. So viele Möglichkeiten… Aber schauen wir erstmal, ob sie morgen überhaupt so weit in der Tagesordnung kommen.

War noch was?

Neben der Aussage der AStA-Vorsitzenden bezüglich ihrer Qualifikation befand sich noch eine wahre Wortprotokoll-Perle, die ich euch nicht vorenthalten möchte:

Hervorhebung von mir, Name geschwärzt. Wir wollen ja nicht, dass die Person bei einer Bewerbung darauf angesprochen wird, was da im Internet steht was sie böses gesagt haben soll.

Hervorhebung von mir, Name geschwärzt. Wir wollen ja nicht, dass die Person bei einer Bewerbung darauf angesprochen wird, was da im Internet steht was sie Böses gesagt haben soll.

  1. Ein ausgesetzter Tagesordnungspunkt kann auf einer späteren Sitzung wieder aufgenommen werden.
  2. Die Satzung sagt in § 50, dass das so muss.