Pronomen im #NetzFragtMerkel-Interview

Was sagt Angela Merkel, wenn man sie auf ihr Verhältnis zu Horst Seehofer anspricht? Nichts über ihr Verhältnis zu Horst Seehofer. Aber recht geschickt. Johnny Haeusler hat auf wired.de bereits festgestellt, dass Angela Merkel mit “wir” und “ich” oft nicht sich selbst, sondern als Pars pro toto die Bundesregierung als Institution meint.

Schauen wir uns einen Ausschnitt aus dem Video an, den ich recht bemerkenswert fand: Angela Merkel wird bei 17:44 gefragt, ob manche Treffen einfacher seien als andere.

Ihre Antwort:

merkelseehofer

Das erste Pronomen das wir sehen ist das erste orange markierte “wir”. Im Satz zuvor sprach Merkel von Treffen mit Horst Seehofer. Wir nehmen also an, dass das “wir” sich auf Angela Merkel und Horst Seehofer bezieht.
Doch nein, nach dem Komma stellt sie klar, dass “wir” nicht etwa Personen, sondern “Parteien sind”, die, und hier kommen wir zum zweiten “wir”, auch mal Differenzen haben. Die Parteien, nicht die Personen.

Danach kommt ein “ich”, das mit “jemandem” von einer anderen Partei einen Kompromiss finden muss. Aber diese “ich” und “jemand” stehen auch hier nicht für Personen, sondern für Repräsentanten ihrer jeweiligen Parteien.

Das “man” im nächsten Satz hat nun gar keinen klaren Bezug mehr: Verstehen sich die Parteien “menschlich” gut? Oder die Representanten der Parteien? Oder doch Angela Merkel und Horst Seehofer, worum es in der Frage eigentlich ging?

Im letzten Satz ändert sich dann alles: Plötzlich benutzt Angela Merkel “man” an Stellen, an denen normalerweise ein “ich” stehen würde, und distanziert sich selbst damit auch wieder von der Unterstellung, dass sie von Gefühlen wie “Freude”beeinflusst würde. Das “ich” am Ende bezieht sich dann zum ersten Mal auf Angela Merkel als Person und nicht als Representantin der Bundesregierung oder CDU. Wenngleich mit der Einschränkung, dass es dort nur als formelhaftes “glaub ich” steht.

Fazit: Es ist nicht ganz einfach, zu erkennen, von wem die Bundeskanzlerin gerade spricht.

Hinweis: Das mit den farbig markierten Wörtern habe ich mir von maha abgeschaut (siehe z.B. hier).

Der Demokratie-Indikator

Was haben Barack Obama, Wladimir Putin, François Hollande und Joachim Gauck gemeinsam, Angela Merkel aber nicht? Genau: Nach zwei Amtszeiten sind sie erst einmal weg vom Fenster.

Nun mag man einwerfen, dass die Herren ja alle Präsidenten seien und Frau Merkel nur eine Bundeskanzlerin, jedoch wissen wir alle, warum man täglich von Frau Merkel liest und hört, jedoch nicht von Herrn Gauck.

Es ist Standard in Demokratien, dass das Staatsoberhaupt nach zwei Amtszeiten zunächst einmal nicht mehr wiedergewählt werden kann. Selbst Putin lehnte eine Verfassungsänderung in Russland ab, die ihm erlaubt hätte, direkt ohne vierjährige Pause für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. Wenn versucht wird, solche Regelungen abzuschaffen, geht direkt ein Aufschrei durch die westliche Welt, von einer “Gefährdung der Demokratie” ist die Rede und vom “Machterhalt” der jeweiligen Person.

In Deutschland wird das nicht passieren. Der Bundespräsident hat keine Macht, die sich unbedingt zu erhalten lohnen würde, und den Ehrensold bekommt man ja relativ unabhängig von der Amtszeit hinterhergeworfen, wie wir vor nicht allzu langer Zeit gelernt haben.

Die Bundeskanzlerin, die hingegen die wohl wichtigste Position in der Regierung inne hat, darf bereits so oft wiedergewählt werden wie es dem Parlament beliebt. Daraus resultierten 14 Jahre Adenauer, 16 Jahre Kohl und nun voraussichtlich mindestens 12 Jahre Merkel. Hier gibt es schon keine Begrenzung, die erst abgeschafft oder geschickt umgangen werden müsste. Und somit auch keinen Indikator für gefährlichen Machterhaltungsbestrebungen.

Nun mag man einwerfen, dass sich ja die Mehrheiten im Parlament ändern könnten und eine gelb-blaue Mehrheit dann keine schwarze Bundeskanzlerin wiederwählen würde. Denen aber sage ich: Auch ein russischer oder ein französischer Präsident werden regelmäßig direkt vom Volk gewählt, und trotzdem gilt für sie die Grenze von zwei aufeinander folgenden Amtszeiten. Außerdem wissen wir alle, dass der Mensch an sich Veränderungen ablehnt: Man hat die letzten 8 Jahre mit Merkel überlebt, also behält man sie (und ihre Mehrheit im Parlament) lieber, bevor noch etwas Schlimmeres kommt.

Nun mag man einwerfen “Nur Merkel kann es, sie ist die beste! Ohne sie geht es nicht!”. Denen aber sage ich: Dann läuft etwas grundlegend falsch. So eine Bundesregierung ist nicht dazu da, ständig zu Mutti zu rennen und zu fragen, was man jetzt als nächstes tun soll. Und Entscheidungen sollten eigentlich im Parlament getroffen werden.

Man stelle sich einmal den CDU- Wahlkampf vor, wenn Angela Merkel nicht mehr hätte Bundeskanzlerin werden können. “Sie kennen mich, und jetzt ab ins Bett ihr Kinder” als Wahlkampfmotto wäre hinfällig gewesen. Womöglich hätte man den Seehofer Horst als Nachfolger aufbauen müssen, das wäre erstklassiges Polit-Entertainment geworden: “Pannen-Peer” gegen “Maut-Horsti”.

Aber so war es ja dann leider nicht.

Und weil die Aussichten gar so trüb sind, hier noch eine Blume.

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