Farbskalen

Bei Visualisierungen ist die Wahl der richtigen Farbskala wichtig. Wie mir eben auffällt, habe ich bei der ESCPointsMap eine suboptimale Skala verwendet, da Menschen mit der häufig auftretenden Rot-Grün-Schwäche mit so einer Rot-Grün-Skala oft wenig anfangen können.

Das ist in diesem Fall nicht so schlimm, da auf der ESC-Karte nie Rot- und Grünwerte miteinander verglichen werden. Aber generell sollte man1 diese Farbskala vermeiden.

Kommen wir zu Wahlen, genauer: Referenden. Hier haben die Abstimmungsberechtigten die Wahl zwischen Ja und Nein. Man könnte also eine Karte und eine zweiwertige Farbskala nehmen und die Wahlkreise entsprechend ihres Ja-Nein-Verhältnisses einfärben.

Die Skala kann entweder kontinuierlich sein (außen), ein stärkerer Ausschlag zu einer Seite hin würde dann einen kräftigeren Farbton bedeuten. Oder man nutzt eine Binäre Skala mit nur zwei Farbwerten (innen).

Was liegt zwischen Gelb und Blau? Grau. Das bedeutet, dass man bei einer kontinuierlichen Blau-Gelb-Skala relativ gut sieht, ob ein Wert links oder rechts der Mitte liegt. Zwischen Rot und Blau liegt hingegen Lila. Hier ist die Unterscheidung Links/Rechts der Mitte nicht mehr einfach zu treffen, sondern alles verschwimmt etwas im lila Einheitsbrei in der Mitte. Bei den binären Skalen ist der Fall natürlich immer klar.

Betrachten wir das einmal an einem konkreten Beispiel. Es gab ein Referendum, es gibt ein Ergebnis des Referendums, und natürlich gibt es auch Visualisierungen davon.

Beliebt scheint diese von der BBC zu sein:

Blau und Gelb. Hübsch!

Blau und Gelb. Hübsch! Screenshot: bbc.com

Die Karte nutzt eine binäre Blau-Gelb-Skala und vermittelt den Eindruck, dass England und Wales größtenteils eindeutig für einen Austritt gestimmt hätten, während Schottland lieber in der EU verbliebe, und Nordirland zweigeteilt ist. Die Balkengrafiken daneben deuten aber darauf hin, dass das bei weitem nicht überall so eindeutig ist, wie die Karte es aussehen lässt.

Ich habe die offiziellen Zahlen der Electoral Commission genommen und ebenso auf eine Karte geworfen. Fun Fact: Offiziell wird Nordirland als ein einziger Wahlbezirk gezählt, deshalb hat meine Karte auch nur einen Wert für alle 18 Parlaments-Wahlkreise. Die BBC stellt jedoch die inoffiziellen Ergebnisse dieser 18 Wahlkreise dar. Auch an ein paar anderen Stellen weicht meine Karte ab, das würde ich aber auf technische Probleme beim Mapping der GeoJSON-Daten zurückführen. Für einen groben Gesamteindruck reicht es allemal.2

brexit-binary

Close enough. Map boundary data attribution: See bottom of page.

Nun ist es so, dass bei dieser Abstimmung die Gesamtheit der einzelnen Stimmen ausschlaggebend war. Die Stimmverhältnisse auf die Bezirke herunterzubrechen ist zwar hübsch, hat aber für das Ergebnis keine Aussagekraft.  Und auch generell möchte ich diese binäre Blau-Gelb-Malerei in Frage stellen. Die Ergebnisse bewegen sich überwiegend im 40-60-Prozent-Bereich, oft hart an der 50-Prozent-Grenze. Mit einer nicht-binären Skala sieht das ganze auch etwas anders aus:

Vorher war aber hübscher.

Vorher war aber hübscher. Map boundary data attribution: See bottom of page.

Eindeutige “Leave!”- und “Remain!”-Gebiete mit Zweidrittelmehrheit gibt es nur vereinzelt. Es gibt aber auch viele Bezirke, die im Bereich von ±5 Prozentpunkten um die Mitte herum liegen. Welche Farbe die in der binären Grafik bekommen, dürfte da tagesformabhängig gewesen sein.

Schottland sieht hier immer noch sehr gelb aus. Da es dort insgesamt ein 62-zu-38-Prozent-Verhältnis zwischen Remain und Leave gibt, ist das nicht allzu verwunderlich. Aber: Auch hier gibt es mit Moray im Nordosten einen Wahlbezirk, in dem nur 50,1 % für “Remain” gestimmt haben. Der sieht in der binären Darstellung genauso aus wie Edinburgh, wo eine deutliche Mehrheit von fast 75 % die Stimme für “Remain” abgegeben hat.

Betrachten wir nun die gleiche Karte mit der kontinuierlichen Blau-Rot-Skala.

brexit-redblue

50 shades of purple. Map boundary data attribution: See bottom of page.

Auch hier ist der Norden der Insel signifikant heller als der Süden. In England und Wales sieht man einem Wahlbezirk aber oft nicht mehr auf den ersten Blick an, ob er jetzt mehrheitlich für Leave oder Remain gestimmt hat. Selbst Nordirland ist “irgendwo in der Mitte”. Und damit dürfte diese Skala die Realität wohl am besten abbilden.

Map boundary data

GeoJSON UK Boundary Data by Martin Chorley is licensed under a
Creative Commons Attribution 4.0 International License.

Contains Ordnance Survey data © Crown copyright and database right [2014]. Ordnance Survey data
covered by OS OpenData Licence (see pdf in repository).

Contains NRS data © Crown copyright [2014] supplied by National Records of Scotland.

  1. Tolles Pronomen haben Sie da!
  2. Gibraltar? Hab ich nicht in meinen Daten. Ist aber so oder so käsegelb.