“keine akute Gesundheitsgefährdung”

Vor mehr als drei Jahren wurde im Wohnheim Pariser Straße eine Schadstoffbelastung mit PCB1 festgestellt. Damals hieß es, die Werte seien zwar nicht so hoch, dass unmittelbar entmietet werden müsse, aber doch so hoch, dass “unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit mittelfristig saniert” werden müsse. “Mittelfristig”, wurde erklärt, bedeutet etwa 2-3 Jahre, und “unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit” hieße, dass der Zeitpunkt innerhalb der Mittelfristigkeit so gewählt werden könne, dass die Sanierung beispielsweise mit anderen Baumaßnahmen zusammengelegt werden könne. “Es ischt grad kein Geld im Haushaltsplan” wurde explizit als Grund genannt, der auf keinen Fall gelten könne.

Nun haben die Bewohnerinnen und Bewohner diese Woche einen Brief des Studierendenwerks in ihren Briefkästen vorgefunden, der als Datum den 11.11.2015 trägt2 und sich wie folgt liest:

stwbn-pcb-20151111.thumb

Die Stellungnahme von Herrn Ewers ist recht aufschlussreich:

„Im Hinblick darauf, dass die Aufnahme von PCB mit der Nahrung in den vergangenen Jahren sehr stark zurückgegangen ist, und dass die inhalative Aufnahme von PCB bei den in Räumen der SWA Pariser Straße vorhandenen Raumluftkonzentrationen nur geringfügig zur intrakorporalen PCB-Belastung der Bewohner beiträgt, bestehen gegen eine Verschiebung der Entmietung der Räume und der Sanierungsmaßnahmen auf das Jahr 2016 aus umweltmedizinisch-toxikologischer Sicht keine Bedenken.“

Jetzt ischt es halt so: Dass die Konzentration von PCB in der Raumluft nicht plötzlich auf das Zehnfache ansteigt, liegt in der Natur der Sache und sollte eigentlich auch allen Beteiligten klar sein. Mit der Begründung könnte man also auch eine Laufzeitverlängerung bis 2020 rechtfertigen.

Weiters klärt die Internetseite des Studierendenwerks auf:

Darüber hinaus sprechen weiterhin folgende Gründe für eine Verlängerung:

Dann wollen wir doch mal sehen.

–    Eine Schadstoffsanierung ist sehr teuer. Auch das Wirtschaftsjahr 2016 steht für das Studierendenwerk im Zeichen der drei großen Bauprojekte Komplettsanierung der Mensa Poppelsdorf, Neubau Studentenwohnheim Tannenbusch und Neubau Studentenwohnheim Drususstraße. Zusätzliche finanzielle Belastungen sollten, wenn verantwortbar und rechtlich möglich, verschoben werden.

Wenn Sie jetzt ein klein wenig nach oben scrollen… Ja, genau. Dann steht da, dass das ja überhaupt kein Grund ist, die Sanierung zu verzögern.

–    Die Studentenwohnanlage Pariser Straße verfügt über 316 Appartements: dringend benötigter Wohnraum für Studierende. Die Neubauten stehen planmäßig zu Beginn des Wintersemesters 2016/2017 zum Einzug bereit.

Das wäre mal ein nachvollziehbarer Grund. Dann müsste man aber auch etwas mehr Geld in die Instandhaltung des Wohnheims Pariser Straße stecken. Aktuell3 werden vom Hausmeister für Reparaturen andere Zimmer kannibalisiert. In denen dann niemand mehr wohnen kann. Checksch?

Ach, appropos “planmäßig”: Eine kurze Googelei findet zum Beispiel diesen Artikel aus dem Juni 2014, in dem steht:

Läuft alles nach Plan, können Anfang 2016 bereits die ersten Umzugskisten ausgepackt werden.
Muss wohl ein sehr guter Plan sein, den die da haben. Ein Masterplan, quasi.
  1. Polychlorierte Biphenyle
  2. Tä-tääää!
  3. Das ist der Stand von vor einigen Wochen. Ob sich da mittlerweile was getan hat? Jetzt, wo man das Wohnheim länger offen lässt?

Zur Zukunft des Wohnheims Pariser Straße

Vor einem Jahr schrieb ich mal, dass das Wohnheim Pariser Straße bis zum 31. März 2015 entmietet und dann schadstoffsaniert werden sollte.

Den Countdown gibt es immer noch, und er ist mittlerweile ziemlich nahe an der 0 angekommen. Und ich? Ich sitz hier immer noch.

Kürzlich hat das Studierendenwerk per (deutschsprachigem) Aushang bekannt gegeben, dass es sich die Sanierung aktuell nicht leisten kann:

Darüber hinaus sprechen folgende Gründe für eine Verlängerung:
–    Eine Schadstoffsanierung ist sehr teuer. Das Wirtschaftsjahr 2015 steht für das Studentenwerk im Zeichen dreier großer Bauprojekte: Beginn der Komplettsanierung der Mensa Poppelsdorf, Neubau Studentenwohnheim Tannenbusch und Neubau Studentenwohnheim Drususstraße. Zusätzliche finanzielle Belastungen sollten, wenn verantwortbar und rechtlich möglich, verschoben werden.
–    Die Studentenwohnanlage Pariser Straße verfügt über 316 Appartements: dringend benötigter Wohnraum für Studierende. Die Neubauten stehen erst im Laufe des Jahres 2016 zum Einzug bereit.

Das ist aber nicht schlimm, denn:

„Im Hinblick darauf, dass die Aufnahme von PCB mit der Nahrung in den vergangenen Jahren sehr stark zurückgegangen ist, und dass die inhalative Aufnahme von PCB bei den in Räumen der SWA Pariser Straße vorhandenen Raumluftkonzentrationen nur geringfügig zur intrakorporalen PCB-Belastung der Bewohner beiträgt, bestehen gegen eine Verschiebung der Entmietung der Räume und der Sanierungsmaßnahmen auf das Jahr 2016 aus umweltmedizinisch-toxikologischer Sicht keine Bedenken.“
(Quelle: Sanierung der Studentenwohnanlage Pariser Straße in Bonn. Gutachterliche Stellungnahme zur Verschiebung der geplanten Sanierung. Professor Dr. Ulrich Ewers, Sachverständiger für Toxikologie und Umwelthygiene, Essen, 28.01.2015)

Ein neuer Entmietungstermin steht auch schon:

Das Wohnheim Pariser Straße 54 wird spätestens zum 31.03.2016 entmietet und voraussichtlich im Laufe des Jahres 2016 schadstoffsaniert.

Das allerdings glaube ich erst, wenn ich es sehe.

Von all dem wissen die verantwortlichen Personen im Studierendenwerk natürlich schon länger. Aber den Bewohnerinnen und Bewohnern hat man es erst jetzt mitgeteilt.

Ich kann von mir nicht behaupten, dass mich das irgendwie wundert.

Das Schreiben ist aktuell auch auf der Webseite des Studierendenwerks zu finden.

Auflösungserscheinungen

Wohnheim Pariser Straße

Bald gehen im Wohnheim Pariser Straße die Lichter aus (Symbolbild)

Im Wohnheim Pariser Straße ist am 31. März 2015 Schluss. (Theoretisch voraussichtlich.) Das heißt, noch ein Semester, dann wohnt hier niemand mehr.

In den meisten Wohnheimen des Studentenwerks Bonn gibt es eine studentische Selbstverwaltung die sich “um das Haus kümmert”, eigene Finanzen verwaltet und teilweise sogar dem Studentenwerk Arbeit abnimmt. Für diese Ämter kann man sich von der Hausgemeinschaft wählen lassen und ist dann ein “Funktionsträger”.

Seit der Plan im Raum steht, das Wohnheim zu entmieten, werden vom Studentenwerk natürlich nur noch kurzfristige Mietverträge vergeben, was eben zur Folge hat, dass die Zahl der Langzeitmieter stetig schrumpft und die Hausgemeinschaft zerfällt.

Konkret kann man das an der letzten Hausvollversammlung festmachen. Auf der letzten Hausvollversammlung im Semester werden immer die Funktionsträger für das nächste Semester gewählt. Jene Hausvollversammlung bestand aber praktisch nur noch aus einem Teil der Funktionsträger, die größtenteils wiedergewählt werden wollten. Neue Gesichter gab es keine. Viele Funktionsträgerämter konnten deshalb nicht voll besetzt werden.

Dieser traurige Rest kann nun wenigstens noch die Restgeldbestände auf den Kopf hauen1.
Sic transit gloria wopsi.

Ich bin ja gespannt, wann das Studentenwerk sich mal zu Ende überlegt hat, wann und wie das mit der Entmietung funktionieren soll. Dazu gab es nämlich bislang noch keine Informationen an die Hausbewohner.

  1. in Form von Veranstaltungen, die allen Hausbewohnern zu Gute kommen