Spiel ohne Sieger

Age of Empires II ist zweifelsfrei eins der besten Echtzeit-Strategiespiele, die es so gibt.

Im Spielmodus “Königsmord” (das Spiel ist im Mittelalter angesiedelt, als so etwas wohl üblich war) kontrolliert jede der bis zu 8 Mitspielerinnen und Mitspieler eine Königsfigur. Sobald die stirbt, scheidet man aus und hat verloren.

Spiel ohne Sieger

Die wahrscheinlich fetteste Figur im ganzen Spiel, aber sauschnell. (Screenshot: Age of Empires II)

Diese Mechanik fügt der Aufbau- und Schlachtsimulation also noch ein Sudden-Death-Element hinzu. Am Ende gewinnt die Person oder das Team, dessen/deren König noch lebt.

Siegreiche Personen bekommen in der Endstatistik ein Krönchen.

Spiel ohne Sieger

Hurra! Gewonnen! In diesem Fall aber, es musste schließlich schnell gehen, nur gegen Computergegner und durch Cheats. Aber psscht! (Screenshot: Age of Empires II)

Doch hat ein Königsmord-Spiel immer eine Gewinnerin/einen Gewinner? Konkret: Was passiert, wenn alle Könige sterben? Das bedeutet zwangsläufig, dass die letzten Könige zeitgleich das Zeitliche segnen, denn sobald das Spiel gewonnen ist, hält es an.

Zunächst widmen wir uns der Frage, wie so etwas bewerkstelligt werden kann.

Idee 1: Der Belagerungsonager

Ein Onager verursacht Flächenschaden. Es ist also theoretisch möglich, die beiden letzten Könige im Bereich des Flächenschadens zu platzieren.

Das Problem: Ich habe es spontan nicht geschafft, dass beide Könige zeitgleich sterben. Für die praktische Anwendung ist das also zu unzuverlässig, man müsste ihnen vermutlich vorher eine gewisse Menge Schaden zufügen, damit das verlässlich klappt.

Idee 2: Das Transportschiff

Versenkt man ein Transportschiff, so werden auch alle sich darin befindlichen Einheiten entfernt. Steckt man also beide Könige in das selbe Transportschiff und versenkt das dann, sterben die beiden Könige theoretisch zeitgleich.

Wie so etwas in der Praxis ausgeht, sehen wir hier:

Die Errungenschaften-Übersicht führt konsequenterweise bei keinem Spielernamen ein Krönchen auf.

Spiel ohne Sieger

Das Sternchen bekommt der Spieler mit der höchsten Punktzahl, die ist jedoch im Spielmodus “Königsmord” extremst zweitrangig. (Schreenshot: obiges Video)

Bleibt die auch im Video aufgeworfene Frage: Kann man nicht einfach Bloodpriest den Sieg zusprechen, da er laut Chatverlauf als letztes gestorben ist?

Selbstverständlich habe ich intensiv getestet, wie diese Reihenfolge der Chatausgabe bestimmt wird.

Ich vertrete nach diesen ganzen Tests die Theorie, dass die Tode immer gemäß der internen Spielerreihenfolge ausgegeben werden – unabhängig davon, wessen Transportschiff versenkt wird und in welcher Reihenfolge die Figuren auf das Schiff gesetzt wurden. Das heißt, dass in diesem Fall Bloodpriest immer “gewinnt”, weil seine Spielernummer einfach höher ist als die von n1ghthavvk.

Oft vergehen ein, zwei Sekunden zwischen dem Tod eines Königs und der Meldung, dass eine Person verloren hat. In manchen Konstellationen besitzen alle Personen auch zwei Könige, die dann beide erledigt werden müssen, damit man ausscheidet.

Ich mutmaße deshalb, dass das Spiel intern einfach periodisch der Reihe nach alle Personen abfragt, ob noch mindestens 1 König lebt, und sie für tot erklärt, falls das nicht mehr der Fall ist. Das würde auch die konsistente Todesreihenfolge im Chatverlauf bei meinen Tests erklären.

Aus technischer Sicht haben also alle Spieler verloren. Daher hat auch niemand ein Krönchen.

Das hat übrigens einen amüsanten Nebeneffekt. Bei Online-Spielen über Steam startet man auf einem persönlichen Level von 1600 Punkten. Verliert man ein Spiel, verringert sich das Level, gewinnt man ein Spiel, so erhöht es sich. Die genaue Punktzahl um die das Level sich erhöht oder verringert ist abhängig vom Level des gegnerischen Teams: Gewinnt man gegen Personen mit hohem Level, bekommt man mehr Punkte, verliert man gegen Personen mit hohem Level, so verliert man weniger Punkte, und umgekehrt.

Falls sich nun in einem Königsmord-Spiel mit Wertung beide Könige auf dem selben Transportschiff befinden und dieses anschließend versenkt wird, so verlieren beide Personen Punkte! Falls zwei Personen also zufällig schnell Punkte verlieren möchten…

Abenteuer in Doktor Kleinermachers Garten

In meinem Bücherregal steht genau ein Buch in Frakturschrift. Wie genau es dort hingekommen ist, weiß ich nicht mehr. Es handelt sich um “Abenteuer in Doktor Kleinermachers Garten” von Herbert Paatz.

Abenteuer in Doktor Kleinermachers Garten

Stoffeinband! Retro. Ach so, ist ja auch aus den 40ern.

– Einschub –

Herbert Paatz hieß eigentlich Herbert Fiebrandt. Im Wikipedia-Artikel steht, dass der Künstlername gewählt wurde, um “der Zensur der Naziherrschaft zu entgehen”. Auf einer Gedenkseite zu Albert Sixtus hingegen drängt sich der Verdacht auf, dass die Namensänderung einfach nur ein dreistes Plagiat verschleiern sollte. Aber in dieses Internet, da darf ja jeder anonym reinschreiben. Zum Beispiel auch ein Enkel von Herrn Fiebrandt.

– Einschub Ende –

Doktor Kleinermacher macht seinem Namen alle Ehre, denn er hat eine “Wunderflasche”, deren Inhalt getrunken dazu führt, dass man ganz klein wird. Mit Hilfe dieses Effekts wird ein Garten erkundet: Hummel- und Wespennest, Pflanzen und allerlei Getier werden aus der Ameisenperspektive (im wahrsten Wortsinne) betrachtet. Bei der Lektüre lernt man allerhand über Tiere, Pflanzen, und woher der Wind weht1:

Wieder hatten die drei Abenteurer ihre Fahrräder mit und strampelten mühselig gegen den Wind dem Garten Doktor Kleinermachers zu. Dieter war über den Bauchwind sehr böse.

“Doktor, ist das nicht ein Jammer? Man kann fahren, wohin man will, immer hat man Bauchwind. Der schöne Schiebewind ist so selten. Und freut man sich über die Rückfahrt mit dem Schiebewind, dann hat sich der Wind gedreht, und man hat auf der Rückfahrt wieder Bauchwind. Es ist ein Jammer mit dem Wind. Warum hat man eigentlich so selten Glück und so oft Pech?”

“Das kann ich dir sagen, Dieter. Man hat nämlich ungefähr ebenso oft Glück wie Pech. Auch ich glaubte früher, daß der Schiebewind selten sei. Nun bin ich ein Gelehrter, und die Gelehrten sind sehr gründlich. Also legte ich mir ein Buch an, und dahinein schrieb ich alle Fahrten. Und hinter jeder Notiz vermerkte ich, ob ich Rücken- oder Bauchwind hatte. Als ich hundert Fahrten zusammen hatte, was soll ich euch sagen – da stand auf zwölf Fahrten Windstille, auf sechsundvierzig Fahrten Rückenwind und auf zweiundvierzig Fahrten Bauchwind.

Aber wie kommt es, daß wir annehmen, der Rückenwind sei so selten? Erstens empfinden wir die Windstille auch als Bauchwind, weil unser Rad sich gegen die Luft in Bewegung setzt. Zweitens wird ein schwacher Rückenwind von uns überholt, dann empfinden wir den Rückenwind auch als Bauchwind. Und drittens sind wir sehr undankbar. Oftmals notieren wir den Schiebewind gar nicht in unserem Gedächtnis. Er ist schön, der herrliche Schiebewind, aber nach der Fahrt haben wir die Erleichterung schon vergessen. Über den Bauchwind aber können wir stundenlang schimpfen.”

“Doktor, in deiner Gegenwart wage ich gar nichts mehr zu sagen. Du kannst uns alle Denkfehler ausreden. Woher hast du denn bloß deine Klugheit?”

“Das ist ein Geburtsfehler, lieber Dieter.”

“Solchen Geburtsfehler möchte ich auch mal haben. Aber mir fällt dabei etwas ein. Hoffentlich ist es nicht wieder verkehrt. Es gibt zwei Sorten von Menschen, die sich nach dem Wetter und nach dem Winde richten. Das sind die Seeleute und die Radfahrer. Ein Fußgänger wird nie fragen, aus welcher Ecke bläst der Wind, wenn er einen Ausflug machen will.”

An das Lefen von Frakturfchrift gewöhnt man fich recht fchnell. Ungünftig ift die Frakturfchrift nur, wenn man ein ganzes Kapitel lang denkt, der Doktor fei nicht mit Kindern, fondern mit Rindern auf dem Maulwurfshügel unterwegs2.

Im Umschlag meines Exemplars steht, dass ein Peter Deissmann das Buch im August ’41 für die Sommerreise nach Tirol geschenkt bekam (“Meinem lieben Petri”) . Dass dieses während der Zeit des Nationalsozialismus “Im Deutschen Verlag” erschienene Buch den englischen Vermerk “Printed in Germany” trägt, sei hier als amüsante Randnotiz abschließend erwähnt.

  1. Der Autor ist bereits mehr als 70 Jahre tot, da kann man vermutlich auch das ganze Buch abtippen und veröffentlichen?
  2. Nicht, daß mir das paffiert wäre *hust*

Usability von Kandidaturbögen

Bedingt durch geänderte rechtliche Rahmenbedingungen1 war es dieses Jahr geboten, einen neuen Musterbogen für die Kandidatur zum Studierendenparlament zu erstellen.

Der fromme Wunsch dahinter ist, es den Kandidierenden möglichst leicht zu machen, alle notwendigen Angaben für ihre Kandidatur zu liefern. Das erspart es dem Wahlausschuss, wegen unvollständiger Angaben eine Nachfrist zu setzen, die die Zulassung und somit die gesamte Wahlvorbereitung unnötigerweise verzögern würde.

Der neue Musterbogen sah folgendermaßen aus:

Usability von Kandidaturbögen

Bezaubernd, nicht wahr.

Die Beschriftungen der Felder sind korrekt. Das heißt zum Beispiel, dass die Wahlordnung die Angabe von mindestens einem in die Martikel oder in den Personalausweis eingetragenen Vornamen verlangt, und beim Feld für den Vornamen deshalb nicht einfach “Vorname” steht, sondern “In die Matrikel oder im Personalausweis eingetragener Vorname”.

Die Erfahrung zeigt nun, dass so etwas bei einigen Feldern problematisch sein kann.

Schauen wir mal:

Usability von Kandidaturbögen

LISTENNAME!!!

Eigentlich gehört hier der Name der Liste eingetragen, auf der man kandidiert.

Mit viel Phantasie könnte man aber auch annehmen, dass hier eingetragen wird, wie genau der eigene Name auf  der auf der Liste auftauchen soll. Und unsere Kandidierenden sind sehr phantasievoll.

Usability von Kandidaturbögen

INDIEMATRIKELODERIMPERSONALAUSWEISEINGETRAGENERVORNAME!!!

Im Idealfall liest man sich die ganze Feldbeschriftung natürlich durch, bevor man eine Eintragung vornimmt.

Man kann aber auch bis “Matrikel” lesen und dann direkt die Matrikelnummer eintragen.

Usability von Kandidaturbögen

VOLLSTÄNDIGERNACHNAME!

Im Idealfall liest man sich die ganze Feldbeschriftung natürlich durch, bevor man eine Eintragung vornimmt.

Man kann aber auch bis “vollständig” lesen, das “name” schon aus dem Augenwinkel sehen und dann direkt den gesamten Namen, also Vor- und Nachnamen, eintragen.

Usability von Kandidaturbögen

Ein Service, der nach hinten losging.

Die letzte Wahlordnungsänderung brachte bei Spitznamen und akademischen Graden eine Änderung: Die Anfügung ist nun vorgesehen, wenn entsprechende Nachweise vorgelegt werden. Akademische Grade waren zuvor nicht geregelt; für Spitznamen war zuvor nicht geregelt, dass sie in amtlichen Ausweisen eingetragen sein mussten. Letzteres konnte dazu genutzt werden, Spaßnamen zu beantragen, die dann auch in der Wahlzeitung und auf dem Stimmzettel standen.

Ich hatte überlegt, die beiden Anträge direkt in den Kandidaturbogen zu integrieren, um auf diese Neuregelung aufmerksam zu machen. Deshalb haben die beiden zugehörigen Felder keine Zahl, sondern Buchstaben, und hinter den Feldbeschreibungen steht “Optional”, dass Nachweise beizufügen sind, und beim Spitznamen sogar, welche Voraussetzung für die Anerkennung gilt.

Im Idealfall liest man sich die ganze Feldbeschriftung natürlich durch, bevor man eine Eintragung vornimmt. Und versteht, dass damit ein Antrag auf Anfügung gestellt wird.

Nun gibt es aber auch Menschen, die einfach alle Felder mit allem ausfüllen, was geht. Das führt in diesem Fall dazu, dass Personen Anträge auf akademische Grade und Spitznamen stellen, das aber gar nicht merken, dann natürlich auch keine Nachweise einreichen, und schließlich eine Nachfrist gesetzt bekommen, was alles verzögert – kurzum: Diese Felder gehören nicht auf den Kandidaturbogen.

Hinterher ist man oft schlauer. Wer rechnet auch damit, dass die Leute das Formular nicht ordentlich lesen!2

Für das nächste Jahr sollten also die Feldbeschriftungen überarbeitet werden. Die Anträge für akademische Grade und Spitznamen gehören entfernt. Dann wäre der Musterbogen vermutlich noch besser. Und ein fetter Hinweis, dass sämtliche Felder ausgefüllt werden müssen, weil die Kandidatur sonst unvollständig ist, wäre vermutlich auch nicht verkehrt.

  1. Lies: Wir haben mal wieder die Wahlordnung geändert
  2. Spoiler Alert: Man sollte immer damit rechnen, dass die Leute das Formular nicht lesen.